„Hinter den richtig guten Sachen steht schon auch ein Songwriting“

Als ich vor einiger Zeit die Tracks Nightflight und den Remix Black Market von dem Duo Schwarz & Funk entdeckte, war ich recht begeistert von dieser Art House, der vielseitig und feinschichtig in den Ohren schwingt. Neugierig geworden vereinbarte ich mit dem Musiker Bob Schwarz und dem DJ Jesse Funk ein Email-Interview. Darin erzählen sie über ihre Zusammenarbeit, ihre aktuellen Projekte und die zwei Seiten des Internets für Musiker.

Aus einem Text über Euch schliesse ich, dass Ihr alte Hasen im Musikgeschäft seid. Was habt bisher alles gemacht, ausprobiert und versucht rund um das Leben und Arbeiten mit der Musik?

Jesse: Wir produzieren seit über 10 Jahren zusammen Musik, Schwerpunkt Chillout und House. So sind bisher über 150 Tracks entstanden. Ein guter Teil davon auch unter anderen Pseudonymen wie Deeparture, Eivizzards, Indigo Seven, Daddy Pete und Sunseeker. Unsere Musik wurde schon auf unzähligen Compilations verkoppelt. Da verliert man schon selber ein wenig den Überblick. Teilweise wurden die Tracks als Corporate sound auf Webseiten verwendet z.B. Alfa Romeo, TUI, Lufthansa. Letztes Jahr haben wir im Auftrag von Lifted House/Denmark einige Remixe gemacht, zum Beispiel „Ida Corr“, „Mental Generation“, „Future Sound of London“.

An welchen Projekten arbeitet Ihr zur Zeit?

Jesse: Wir haben eigentlich immer Tracks, an denen wir zeitweise arbeiten, rüsten momentan unsere Studios auf und hatten in letzter Zeit viele Gigs, Bob als Musiker und ich als DJ. Wir wollen heuer aber noch eine Menge neuer Chill und House Tracks machen und etwas mehr in die Elektro- und Minimal-Ecke gehen. Außerdem wollen wir 2010 ein Best of Album releasen.

Wie habt Ihr Euch kennengelernt und was hält Euch bei der gemeinsamen Arbeit zusammen?

Bob: Wir haben uns bei unserer Tätigkeit beim Lokalradio kennen gelernt. Ich als Producer und Jesse als Moderator und DJ. Wir haben durch die gemeinsame Arbeit sehr viel voneinander gelernt. Ein Musiker hat eine ganz andere Sichtweise auf die Arbeit wie ein Producer oder DJ. Wir vertrauen uns da gegenseitig absolut. Wenn Jesse sagt: Das und das fliegt raus, dann akzepiere ich das. Und wenn ich sage, das und das funktioniert so musikalisch nicht dann akzeptiert das Jesse. Das ergänzt uns optimal. Und die Ergebnisse finden wir dann beide eigentlich optimal.

Ich finde Eure Musik vielseitig und immer für Überraschungen gut. Was sagt Ihr selbst zu Eurem Stil und über das Experimentieren mit „different styles“?

Bob: Wir inspiriren uns meist durch die Musik, die wir gerade so auch nebenher hören. Oder wenn wir eine Sample-Bibliothek durchhören. Einige Songs von uns sind regelrecht um ein Soundsample herumgebaut. Abwechslung ist uns beiden auch wichtig. Nach drei vier Chill Produktionen haben wir dann echt wieder Bock, eine House Nummer zu machen.

Mich interessiert auch, wie bei Euch ein Song entsteht. Was inspiriert Euch, wie entstehen erste Ideen, wie feilt Ihr am Sound, wie integriert Ihr Gastmusiker?

Jesse: Uns inspirieren natürlich auch die grossen Jungs in den Bereichen sowie die Altmeister der 80er Jahre. Das Meiste heute produzierte hört sich oft nach try and error an. Die meisten Electro- und Minimal-Produzenten wissen gar nicht, was ein Akkord ist und drehen an Parametern, welche sie garnicht verstehen.

Bob: Hinter den richtig guten Sachen steht schon auch ein Songwriting: das mag relativ simpel sein, ist aber durchdacht.

Jesse: Gastmusiker haben wir auch ab und an, falls sie nicht zu anstrengend werden :-)). Von daher sind wir am liebsten alleine am start.

Welches technische Equipment ist zentral für Eure Arbeit?

Jesse: Wir arbeiten ausschliesslich mit Pro Tools, zu 90% mit Audio files und verwenden einige externe Hardware Effekte.

Was tut Ihr, um von der Musik leben zu können und wo seht Ihr Eure Erfolge?

Jesse: Naja, auflegen, live spielen, hin und wieder ein paar Jobs. Wir sehen unsere Arbeit im Studio als ein must do, nicht um unbedingt viel Geld damit zu verdienen. Wir wollen ja nicht Hitparade oder Schlager machen.

Bob: Um davon leben zu können, muss man schon sehr sehr gut sein, hart arbeiten, und viel Glück haben. Man muss da schon eher Geschäftsman sein, als Musiker. Erfolg ist so ne Frage, die wir wohl schlecht beurteilen können. Denke aber, im Bereich Chillout sind wir recht gut vertreten. Waren wohl auf fast allen wichtigen Compis mit drauf… Und auf 3 mal auf die Cafe del Mar zu kommen, macht uns schon stolz und gibt uns auch die Bestätigung, dass unsere Musik mit anderen grossartigen Künstlern mithalten kann.

Seht Ihr einen aktuellen Trend in der elektronischen Musik?

Jesse: Einen wirklichen Trend sehe ich nicht, da es gerade im Housebereich soviele Bereiche gibt, welche man gar nicht mehr überblicken kann. Ich denke aber, der Trend geht generell wieder in Richtung Musik anstatt nur zu Geräuschen.

Rund ums Musikgeschäft wird viel prophezeit, das Ende des Vinyls und der CD, das Internet als die Killerapplikation gegen die Musikindustrie. Wie nehmt Ihr die Entwicklung wahr und welche Vor- und Nachteile hat für Eure Arbeit das Internet?

Jesse: Naja, die CD wird sich doch noch ein wenig halten. Der Trend geht natürlich in Richtung digital. Die Jugend nutzt ja jetzt schon ausschliesslich virtuelle Datenträger wie iPod, Computer, Homeentertainment etc.

Bob: Vinyl wird nicht sterben, eher eine kleine Nische belegen für DJs und HIFI-Enthusiasten. Ich kenne DJs, die ausschliesslich mit Vinyl spielen (Drum & Bass, minimal…).

Jesse: Die Plattenindustrie war einfach zu gierig, hat lange geschlafen und bekommt jetzt riesen Probleme – selber schuld! Ich denke, das Internet hat gute und schlechte Seiten. Man hat als Künstler heute vielmehr Möglichkeiten als früher. Schlimm ist für alle Künstler, dass man jeden Song illegal runtersaugen kann. Das ist echt übel. Das Zweite was mich wirklich nervt, ist, dass sich so eine Unmenge an übler Musik in Download-Portalen befindet. Es ist schier unmöglich, schnell etwas Gutes zu finden. Einige Portale wirken da schon entgegen, dass nicht Jeder seine Ergüsse platzieren kann. Ich suche nicht mehr in allen Download-Portalen, sondern meist bei den Labels direkt. Sonst würde ich nur noch durchhören, endlos!


1 Kommentar

  • 1. DJ München am 17.03.10 um 13:17
  • Danke für den Einblick in die Plattenindustrie. Als kleiner DJ kriegt man ja meist nur das Endprodukt auf den Plattenteller.

    Liest sich sehr interessant, weiter so!

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